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History of Fail – Gründe, warum (einige) Serious Games versagen

Sammlung von Problemen (teilweise subjektiv), darf gerne ergänzt und weiter ausgeführt werden.

Mängel im Gameplay

Serious Games sind vor allem dann sinnvoll, wenn sie die Stärken des Videospiels als Medium auch nutzen. Das heißt: durch ein entsprechended Gameplay die Aufmerksamkeit der Spielerinnen und Spieler gewinnen, langanhaltendes Interesse wecken und ggf. durch eine immersive Umgebung die Erfahrungen während des Spielens einprägsamer werden zu lassen.

Gerade bei Serious Games scheint das Gameplay häufig vernachlässigt zu werden. Häufige Fehler sind:

  • kein innovatives Konzept (Nachahmung bekannter Spiele)
  • unausgefeilte Steuerung (Frustration durch mangelnde Präzision)
  • eingeschränkte Handlungsoptionen; Gängelung
  • Entscheidungen bleiben ohne Folgen bzw. Folgen sind nicht abschätzbar

Vor allem wer andere (kommerziell erfolgreiche) Spiele gewohnt ist, wird durch derartige Fehler in der Regel schnell enttäuscht.

Inhaltliche Mängel

  • Vereinfachungen
  • kaum verwertbare Darstellung von Details/Einzelfällen
  • Fiktionen und Realitäten nicht/schwer unterscheidbar
  • Inhalte nur „aufgesetzt“ und kaum mit dem eigentlichen Gameplay verbunden
  • gewählte Spielmechanik passt nicht zum Inhalt oder konterkariert diesen sogar (siehe Beispiel unten: 'Spent')

Verfehlte Zielgruppe(n)

Serious Games sprechen oft nur am Thema interessierte Spielerinnen und Spieler an, vermitteln aber nur grundlegende Einsichten, die diese gar nicht mehr nötig hatten.

Übliche Kritik und Ablehnung

Serious Games wird in Rezensionen oder allgemeinen öffentlichen Reaktionen häufig vorgeworfen:

  • ernste Sachverhalte zu trivialisieren
  • umstrittene rechtliche/politische etc. Positionen zu propagieren
  • ggf. Fördermittel unsachgemäß auszugeben

Zu hohe Ambitionen

Die Problematik, dass Serious Games häufig für Trivialisierung/Vereinfachungen kritisiert werden, führt teilweise zu einer ebenso problematischen Gegenreaktion: das Spiel ist konzeptionell überladen, hat keine ausgefeilte Kernmechanik, wirkt erratisch und bleibt u.U. letztendlich (stellenweise) unfertig.

Fallbeispiel eines gescheiterten Serious Games

Spent ist ein Onlinespiel, das beim Spieler Mitleid mit Menschen unterhalb der Armutsgrenze wecken soll. Der Spieler schlüpft in die Rolle eines Arbeitlosen in den USA, der sein Haus verloren hat und dessen Ersparnisse bis auf $1000 aufgebraucht sind. Ziel des Spiels ist es, einen Monat finanziell zu überstehen.

Im Spielverlauf wird der Spieler mit einer Serie von Entscheidungen konfrontiert. Beispiele:

  • Soll er die teure Autoversicherung bezahlen, oder vertraut er darauf, unfallfrei zu bleiben?
  • Bezahlt er $10, damit das Kind am Wandertag ins Museum teilnehmen kann, oder soll das Kind zu Hause bleiben?
  • Isst er den teureren, aber gesünderen Salat oder den billigen Hamburger?

Die Entscheidungen, mit denen der Spieler konfrontiert wird, sind nachvollziehbar und entstammen der Lebenswirklichkeit in Armut lebender Menschen.

Link zum Spiel: http://playspent.org/

Soweit die Intention des Spiels.

Eine an der Universität Yale durchgeführte Untersuchung legt jedoch den Eindruck nahe, dass das Spiel nicht den gewünschten Effekt hat und darüberhinaus bei einigen Spielern sogar den gegenteiligen Effekt erzielt, d.h. die Verminderung von Mitleid mit armen Menschen.

Die Autorin der Untersuchung erklärt dies mit der Beobachtung, dass durch das Durchlaufen der spielerischen Entscheidungen bei den Spielern der Eindruck von 'player agency' entsteht, d.h. von Autonomie und Entscheidungsfreiheit. Dies wird auf die reale Welt übertragen; so ensteht bei einigen Spielern der Eindruck, Menschen in Armut hätten 'falsche Entscheidungen' getroffen (und trügen deshalb selbst die Verantwortung für ihre finanzielle Situation) oder könnten durch das Treffen 'richtiger Entscheidungen' ihre Situation selbständig verbessern.

Link zur Besprechung der Untersuchung: http://isps.yale.edu/news/blog/2015/10/the-counterintuitive-effects-of-a-prosocial-online-game-when-good-intentions-go#.V5fqUDU3F_l

Bestandsaufnahme: Dos and Don'ts

Aus Negativbeispielen Schlüsse ziehen:

  • Inhalte bei politischen Themen sollten gut recherchiert sein
  • Spiele sollten nicht versuchen die realen Probleme zu genau wie möglich darzustellen, sondern eine Abstraktion von einem realen Konflikt abbilden

Was gut funktioniert (in Bezug auf politische Themen):

  • Problemstellung forcieren, der Spieler muss eine Entscheidung treffen, die ihn emotional betrifft (Chris Crawford: „Der Spieler muss Entscheidungen treffen, die für ihn bedeutsam sind.“)
  • Entscheidungen im Spiel müssen einen ehtischen Konflikt abbilden, der die Spielenden zu einer Entscheidung drängt, die sie zu einem moralischen Urteil führt
  • Entscheidungen unter Zeitdruck
  • pädagogischer Zeigefinger ist nur bedingt gut > sollte sich im Spiel ergeben, Bsp.: „prozedurale Rhetorik“
  • Zielgruppe entscheidend: Wer kann wie erreicht werden? Hängt vom Geschmack der Spieler_in ab, siehe „Bartel-Typologie“
session/donts.txt · Zuletzt geändert: 15.11.2017 15:57 von muzunoff

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